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Impfgegnerin wider Willen

Es gibt ja eigentlich nur drei Fragen, die man sich stellt, weil man niemanden kennt, der es tut: “Wer kauft überhaupt die B*LD?” (ich weiß nur, wer sie im Supermarkt immer abdeckt), “Wer zur Hölle schaut sich das Dschungelcamp an” (ich und ich schäm mich nicht mal) und “Wer lässt sich denn nicht impfen?”  

Jetzt durchatmen, nicht sauer werden – ich bin geimpft, seit gestern doppelt. Aber ganz schön spät. Und dazu würde ich gerne was sagen. 

Ich glaube an Impfungen, ich glaube auch an diese Impfung. Ich habe noch nie bei irgendeiner Impfung gefragt, wer denn der Hersteller ist und sind wir mal ehrlich, hab auch noch nie nach Nebenwirkungen gefragt, weder kurz- noch langfristige. Ich nehm, was man mir gibt bei Haus- und Frauenärztin. 

Ich wollte also die Coronaimpfung von Anfang an. Aber ich bin nicht dran gekommen. Und darum geht es in dieser Geschichte, also versammelt euch bitte um die Bildschirme, liebe Kinder. 

Ich habe keine Vorerkrankungen, bin nicht übergewichtig genug und habe erst spät erfahren, dass tatsächlich meine psychische Krankheit mich auch in Gruppe 3 hätte pushen können. Allerdings hätte ich davon nichts gehabt – denn ich hätte es nicht zu meinem Impfzentrum geschafft. Ich kann an guten Tagen zwar bis dort hinfahren, aber die Aussicht, dort dann in einem unbekannten Gebäude mit unbekannten Menschen für einen unbekannten Zeitraum dort sein zu MÜSSEN ist schon nichts für mich; nicht zu reden von der Tatsache, dass ich mich dort mit einer tödlichen Krankheit anstecken könnte oder vor Ort einfach umkippen (für mich reicht ja schon die Angst, von irgendwas umkippen zu können, muss nicht mal tot sein dafür). 

Für Leute wie mich scheiden also Impfzentren aus.  

Ich bin ja wie treue Lesende wissen, selbstständig im Homeoffice – Betriebsärztin uncheck. Hausärztin ebenfalls, die Wartelisten waren anfangs lang und alte Leute hatten immer noch verständlicherweise Vorrang. 

Dann gab es eine Impfaktion in meiner Stadt, ganz kurzfristig, am Wochenende – und sofort malen Leute wie ich uns Szenarien aus, wie groß der Andrang sein wird. Man rationalisiert dann, dass dann erst mal die Leute dran sein sollen, die eh viel mehr raus gehen/raus müssen. Naja, so verstreichen die Wochen und man wird erst geimpft, weil man mal kurz einen lichten Moment hatte, als man eh bei der Hausärztin war und mal kurz nachgefragt hat, ob’s noch Termine gibt. 

Und das war jetzt nur Punkt 1.

Punkt 2 ist in etwa genauso ausschlaggebend: Die Nebenwirkungen. Medienkritik: Ich bin rational, quasi studierte Naturwissenschaftlerin, ich weiß, wie verschwindend gering das Risiko einer Thrombose bei Astra is und ich hab das allen gepredigt, die es nicht hören wollten, wie unwahrscheinlich das ist. Aber wie mit allem, das in der medialen Aufbereitung großgeballert wird: Es bleibt hängen. Es nagt. Selbst wenn man nicht will. Aber das hätte mich nicht abgehalten.  

Ich hatte Schiss wie Sau vor den direkten Nebenwirkungen.  

Die große Scheiße ist, dass man ja mehr von den Leuten hört, die Nebenwirkungen hatten als von denen, die keine hatten. Ich kann es ja ganz schlecht aushalten, wenn mein Körper sich irgendwie krank anfühlt. Oder wenn ich nicht schlafen kann. Oder beides zusammen. Ich hab schon mal erklärt, so eine Panikattacke baut sich auf, indem man anfängt, in den Körper hinein zu horchen, zu suchen, ob irgendwas “anders” ist als sonst. Und man findet dann IMMER etwas, das sich anders anfühlt (es fühlt sich schon dadurch anders an, dass man genau hinschaut). Das begünstigt ja schon alleine Hypochondrie.  

Jetzt sagt man, fast irgendwie zu Recht: “Ja, stell ich mir stressig vor, aber so eine Coronainfektion wäre für dich ja viel schlimmer”. Stimmt. Aber das erreicht mich in dem Moment nicht. Eine Krebserkrankung wäre für Rauchende auch schlimmer als der Entzug. Ich habe nur Angst vor einer Grippenacht und ich kann mich dann super schwer überwinden, aktiv dafür zu sorgen, dass ich in diesen Zustand komme. 

Ich würde mir wünschen, dass die Menschen mehr Verständnis hätten für augenscheinlich nichtige Gründe. Dann könnte man nämlich offener damit umgehen, dass man Angst vor dem Pieks hat. Oder vor einer Nacht flach liegen aber keinen Schlaf finden. Solange Angst vor Kleinigkeiten verlacht oder weggewischt wird, behalten Menschen diese Ängste für sich. Wer diese Ängste für sich behalt, dem können sie nicht genommen werden, dem kann auch nicht geholfen werden. Sondern die bleiben einfach ungeimpft. 

Wir brauchen mehr mobile, persönliche Angebote. Impfende, die zu einem nach Hause kommen. Unterstützende, die jemanden begleiten. Vielleicht auch so etwas wie eine Nachtwache – muss ja nicht mal aktiv und vor Ort sein. Nur halt ansprechbar, falls was ist. Das hilft doch meist schon, das wissen wir doch alle.  

Liebe Menschen mit Angst vor den Orten: Ich hoffe, ihr findet einen Ort, zu dem ihr es hin schafft, macht das, wie es euch am besten funktioniert (ich hatte z.B. eine ganz fantastische Begleitung, die mich hinterher nicht in einem, sondern in zwei! Kuchenkäufe reingequatscht hat, mit Eis). 

Liebe Menschen mit Angst vor den Nebenwirkungen: Ich hatte echt quasi gar keine. Ich kann nur gerade an der Einstichstelle nicht gestreichelt werden und das ist eigentlich die gemeinste Nebenwirkung. Aber ich hab keine Grippesymptome in irgendeiner Form gehabt und mich nicht mal nennenswert müde gefühlt. Hab alle Medikamente (sogar Zäpfchen! Ich war auf ALLES vorbereitet) nicht gebraucht. Stimmt nicht, eine Kopfschmerztablette, aber es war auch zyklusmäßig Zeit für Kopfschmerzen, also gilt das nicht. 

Do it – if you can.

Autor

Tiffi

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