Ich hab schon mehrfach in Panik-Communities gelesen, dass Leute sinngemäß ausdrücken: “Ich will doch nur mein altes Leben zurück”. Und ich würde dann am liebsten schreiben: “Kriegst du aber nicht.” Aber das wäre unhöflich, hart und vielleicht hab ich ja mal bei einer:m Unrecht. Und es klingt so hoffnungslos.
Ich könnte jetzt in diesen Coach-Sprech verfallen: “Es ist zwar anstrengend, wie es nun ist und du fühlst dich oft bestraft, aber die Angststörung ist in dein Leben gekommen, weil vorher etwas nicht in Ordnung war. Mit der Angststörung wurdest du gezwungen, deinen Lebensstil zu ändern. Einen Lebensstil, der dir nicht gut getan hat.”
Das kann sogar manchmal stimmen. Burnout und Angststörung hängen oft zusammen. Nicht nur bezogen auf Stress bei der Arbeit, sondern oft erwischt es Menschen, die privat für jede:n da sind, außer für sich selbst.
Aber eben nicht nur. Panikattacken kann man sich ohne Grund einfangen, wie eine Erkältung, viele Menschen haben in ihrem Leben mal eine Panikattacke. Eine Angst, die sich körperlich auswirkt und bei der man mit Abstand aber sieht, dass sie irrational war. Wenn man dann vielleicht in dieser anstrengenden Zeit nicht etwas besser auf sich achtet, kann aus dem Husten eine Lungenentzündung werden. Manchmal aber halt auch einfach mit Pech, obwohl man aufgepasst hat. So ist das auch, wenn aus einer einzelnen Panikattacke eine generalisierte Angststörung wird (noch ein Fun Fact, weil ich es gerade gelernt habe und selber nicht wusste und es nun ein bisschen krass finde: 25% der Bevölkerung haben einmal in ihrem Leben eine Angststörung gehabt – das heißt langfristig in einem Lebensbereich Ängste).
Das Problem mit dem Narrativ, dass die Angststörung aus einem bestimmten Grund da ist, ist, dass man zu viel Energie mit der Suche danach verbringt (bekannte Traumata aus der Vergangenheit ausgeschlossen, die können natürlich auch Auslöser sein und für die gilt das Gesagte natürlich nicht). Und das ist in der gleichen Kategorie wie “Ich will mein altes Ich zurück”.
Beides schaut nach hinten. Beides beschäftigt sich mit Dingen, die nicht änderbar sind. Beides ist deshalb wahnsinnig unproduktiv. Und was man bei einer Angststörung tun muss, damit sie besser wird, ist eben ÄNDERUNG (darum macht man ja auch für gewöhnlich eine Verhaltenstherapie).
Ich bin ja nun bekanntermaßen all about Akzeptanz. Sogar “Akzeptanz statt dran arbeiten”. Aber selbst, wenn man dran arbeiten möchte – und ich empfehle jede:r Betroffenen zu versuchen, daran zu arbeiten, sonst kann man nicht lernen, was der ideale persönliche Umgang ist – dann ist Akzeptanz wichtig. Und dazu gehört eben auch die Akzeptanz, dass es eben vermutlich nicht wird wie vorher.
Das ist ja auch voll ok. Auch gesunde Menschen ändern sich mit der Zeit. Das passiert ja nicht nur denen, die einen ungewollten “negativen” Einschnitt haben. Und auch gesunde Menschen trauern der Vergangenheit manchmal hinterher. Wer kennt nicht diese meist alten, etwas unangenehmen Menschen, die nur von früher reden? Und möchte man so jemand werden?
Wer nach hinten guckt, kann nicht nach vorne gucken (ich sollte Motivationsplakate drucken). Und außerdem – oft war man ja früher auch total bescheuert, will man da echt wieder hin?
Ein Gedanke zu ”Guten Tag, ich will mein Leben zurück“